Die Ansprechpartnerin für Dosierung und Wechselwirkungen

Einzigartiges Projekt am Marienhaus Klinikums Mainz: Die Fachapothekerin Dr. Bianca Weyer unterstützt als Intensive Care Pharmacist (ICP) das Team der Intensivstation zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit

Mainz. Seit Oktober vergangenen Jahres verstärkt die Fachapothekerin für klinische Pharmazie und promovierte Pharmakologin Dr. Bianca Weyer als Intensive Care Pharmacist (ICP) das Team der Intensivstation. Das ist einzigartig in Kliniken der Marienhaus-Gruppe. Gefördert wird das Projekt am Marienhaus Klinikum Mainz (MKM) mit einem zweijährigen Stipendium der Stiftung Patient & Klinische Pharmazie für eine Vollzeitstelle. „Ziel ist die dauerhafte Implementierung eines Stationsapothekers auf der Intensivstation und der Überwachungsstation im MKM, um die Arzneimitteltherapiesicherheit zu verbessern“, erläutert Dr. Bianca Weyer. Vor allem schwerkranke Patientinnen und Patienten profitieren im Krankenhaus von einem interprofessionellen Versorgungsteam, dem neben den Ärztinnen und Ärzten, den Pflegekräften und den Therapeuten auch Klinik-Apothekerinnen und -Apotheker angehören.

Schon seit mehr als zehn Jahren fordert die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) die Einbindung von Apothekerinnen und Apothekern im Stationsalltag, was im Ausland bereits der Regelfall ist. In deutschen Kliniken hat sich dies jedoch noch nicht flächendeckend durchgesetzt. Bisher sind Apotheker und Apothekerinnen auf Station vorwiegend in Unikliniken und - aufgrund gesetzlicher Vorgaben - in niedersächsischen Krankenhäusern tätig.

Gerade auf der Intensivstation liegen aber schwerkranke Patientinnen und Patienten, die oftmals eine Vielzahl an Medikamenten erhalten. „Vor allem bei älteren Menschen arbeiten Organe häufig nur noch eingeschränkt“, weiß Dr. Weyer. Deshalb sei es wichtig, die Arzneimittel und vor allem auch die Dosierung im Blick zu haben, damit Nieren und Leber nicht weiter belastet werden und es im schlimmsten Fall zum Organversagen kommt. „Darüber hinaus sollte auf Wechselwirkungen der unterschiedlichen Medikamente geschaut werden“, ergänzt Dr. Weyer.

An einem typischen Arbeitstag nimmt die Fachapothekerin morgens an der ärztlichen Übergabe, an der Visite und der anschließenden Besprechung teil. So gewinnt sie einen direkten Eindruck von den Patientinnen und Patienten und bringt ihre Expertise ein. Zudem erhält sie Konsilanfragen bei besonders komplexen Fragestellungen. „Dann schaue ich mir die Krankengeschichte, die Daten und Laborwerte des jeweiligen Patienten an und überprüfe die Medikation“, sagt Dr. Weyer. „Auf dieser Basis gebe ich eine Empfehlung ab, die in vielen Fällen umgesetzt wird und auch in Arztbriefe übernommen wird“, freut sie sich.

Dr. Bianca Weyer erarbeitet Vorträge zu Fragen, die sich aus akuten Krankheitsfällen ergeben. Sie überarbeitet Standards und schult Ärztinnen und Ärzte oder Pflegekräfte. Es gibt beispielsweise zahlreiche Medikamente, die die Impulsweiterleitung im Herzen beeinflussen und so ein lebensbedrohliches Kammerflimmern auslösen können. Sie informiert die Ärzte, wenn sie sieht, dass ein Patient oder eine Patientin mehrere dieser Medikamente erhält, damit überprüft wird, ob die Weiterleitungszeit bereits verlängert ist und die Arzneimittelauswahl noch einmal kritisch hinterfragt werden muss. Auch die Darreichungsform von Arzneimitteln ist ein Thema, wenn ein Patient oder eine Patientin nicht mehr in der Lage ist, eine Tablette zu schlucken. „Ich kläre dann beispielsweise, ob Tabletten gemörsert oder suspendiert werden können oder man stattdessen einen Saft bestellen muss“, sagt sie. Auf Parenteralia, das sind Zubereitungen von Medikamenten, die beispielsweise als Infusion gegeben werden, hat sie ebenfalls ein Auge. „Hier müssen die Pflegekräfte unbedingt die Hygiene beachten. Eine Zubereitung muss einem Patienten binnen einer Stunde gegeben werden“, erklärt sie. Es könnte sonst sein, dass sie bei längeren Stehzeiten verkeimt.

Aber auch zur Dosierung von Medikamenten erreichen Bianca Weyer immer wieder Fragen. So zum Beispiel zu niedermolekularen Heparinen, das Patienten erhalten, um die Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern beziehungsweise um diese aufzulösen. „Klinische Studien werden oft an Menschen durchgeführt, die ein Körpergewicht von 70 bis 100 Kilogramm haben“, weiß sie. „Zunehmend haben wir aber Patienten und Patientinnen, die weit über 100 Kilogramm wiegen.“ Um hier eine Empfehlung für die richtige Dosierung abzugeben, recherchiert sie, da sich die Fachinformation oft nur auf die Zulassungsstudien bezieht.

Dr. Bianca Weyer dokumentiert ihre Arbeit und berichtet an die Stiftung Patient & Klinische Pharmazie. Während der 2-jährigen Projektphase ist sie in das Programm der Stiftung eingebunden und vernetzt sich mit Intensive Care Pharmacists an anderen Kliniken. Zudem begleitet klinikintern eine interprofessionelle Steuerungsgruppe die Tätigkeit des ICP.

Ihre Expertise und Erfahrung als ICP am MKM gibt sie auch an Apotheker und Apothekerinnen der anderen beiden Marienhaus-Krankenhausapotheken in Neuwied und Saarlouis weiter, um die Entwicklung der pharmazeutischen Dienstleistungen und des Apothekers auf Station im gesamten Marienhaus-Verbund zu unterstützen.

„Es ist ein großer Gewinn, dass Frau Dr. Weyer in unserem Haus tätig ist“, betont Dr. Peter Obitz, der Leiter der Krankenhausapotheke am MKM. Die Ärztinnen und Ärzte seien froh über die zusätzliche Expertise bei der Behandlung der Patientinnen und Patienten. Zusammen mit PD Dr. Matthias David, dem Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin hatte er die Bewerbung für das Projekt eingereicht. „Drei Krankenhäuser in Deutschland haben den Zuschlag bekommen. Wir freuen uns sehr und sind stolz darauf, dass das MKM eine dieser drei Kliniken ist“, so Dr. Obitz.

Bildunterschrift:

Priv.-Doz. Dr. med. habil. Matthias David, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin und stellvertretender Ärztlicher Direktor am MKM, Dr. Bianca Weyer, Fachapothekerin für klinische Pharmazie, Krankenhausapotheke und Intensivstation am MKM und Dr. Peter Obitz, Leitender Apotheker der Krankenhausapotheke am MKM (von links). Foto: Marienhaus Klinikum Mainz (MKM)

 

Marienhaus Klinikum Mainz (MKM)
An der Goldgrube 11
55131 Mainz
Telefon:06131 / 575 0
Telefax:06131 / 575 1610
Internet:http://www.marienhaus-klinikum-mainz.de
Ambulantes OP-Zentrum im MKM
An der Goldgrube 11
55131 Mainz
Telefon:06131 / 575 3100
Telefax:06131 / 575 3106